Studium: Bachelor Mode-Design
Jahr: 2021
Instagram: @imra.arim
Als Teil des laufenden Forschungsprojekts “behold yourself” setzt sich die Konzeptstudie “realisation ii” mit unbewussten Gesellschaftsstrukturen auseinander, und versucht deren Entstehungsmuster aufzuzeigen.
Mit dem Begriff des Unlearning beschrieb Gayatri Chakravorty Spivak die Notwendigkeit ebendiese verinnerlichten Lernprozesse aufzuspüren, die uns in scheinbar neutralen Gewand von Kindheit an das Unterscheiden in der Gesellschaft beibringen – die Voraussetzung für ausgrenzendes und diskriminierendes Handeln.
Die Teilstudie beinhaltet sechs Objekte, die alle individuell funktionieren können, und die Wahl und Entscheidung offen lassen, wie, und mit welcher Intention diese an den Körper gebracht werden – oder eben auch nicht. Die damit verbundenen kollektiven Performances zwischen den Akteur:innen und den Objekten konstituieren neue Möglichkeiten für das Konzept Mode und schaffen dadurch eine visuelle Auseinandersetzung und Umsetzung des Unlearning – eine erweiterte reflexive ästhetische Designpraxis.
Verlernen heisst, auf die eigene Geschichte und das eigene Sein zurückzublicken, und gleichzeitig mit kritischem und aktiv handelnden Blick nach vorne zu sehen. Die Komplexität der (Er-)lern-Prozesse und ihr Wirken auf die Machtstrukturen wurden mir erst im Rahmen der Recherche bewusst. Wir lernen im Laufe unseres Lebens zu entscheiden, was wichtig und was scheinbar unwichtig ist, wie sich Dinge ordnen und einteilen lassen, was zusammengehört und was nicht. Während diese Differenzierungen notwendig erscheinen, manifestieren sie aber unterbewusst ein erlerntes Wissen, das unterscheidet und ausgrenzt, aber sich auch körperlich ausdrückt. Lernen kann demnach ebenso eine diskursive wie performative Praxis sein.
Im Kontext der Mode glauben wir ganz genau zu wissen, wie mit Kleidung umgegangen werden soll, und versuchen dann nahezu zwanghaft diese bestimmten Träger:innen kategorisch zuzuordnen. Was würde aber passieren, wenn wir versuchen würden, diese Kategorien zu dekonstruieren und neue Methoden zu entwickeln, die es erlauben, die Fesseln des unterdrückenden weissen Patriarchats zu lösen, Intersektionalität zu schaffen und stattdessen kollektiv lernen würden – zu verlernen?
“realisation ii” ist der Versuch einer solchen Selbst-Werdung. Die gestalterische Visualisierung hat sich deshalb in den entstandenen Arbeitsprozessen und Verarbeitungstechniken von konventionellen Kleidercodes und Materialwahlen abgespalten und eine dekonstruktive, freie und nachhaltige Designpraxis formuliert.
In Begleitung und Unterstützung von meinem Vater Mohamed Shalati, in gemeinsa mer Performance zu dem Album Holy Palm von Flora Yin Wong, bei modernlove.