Institut Kunst

Bachelor

 

Vera Bruggmann

«Surrounding the Point Nr lll», «Von der Artischocke zu den Tiefen des Mittelmeeres»

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Künstlerisches Arbeiten ermöglicht mir eine Art der Denkfreiheit. Ich bin in meinem Denken und meiner Auseinandersetzung weder an wissenschaftliche noch an andere Restriktionen gebunden. Es bietet mir die Möglichkeit mit meiner Umgebung in einen Dialog zu treten und wiederspiegelt so die Art, wie ich mich durch mein Leben bewege. Dabei interessieren mich besonders Objekte oder Ideen, die eine beinahe physische Anziehungskraft auf mich ausüben. Das können Texte, Bilder, Ideen von Bildern, Geschichten, Lieder, Farben und Formen sein. In meiner künstlerischen Auseinandersetzung mit dieser physischen Anziehungskraft versuche ich meinen Assoziationen und bildhaften Gedanken eine adäquate Form zu geben – immer auf der Suche nach meiner eigenen Sprache.

Die Beziehung zwischen Natur und Mensch und insbesondere die Frage nach Machtverhältnissen in denen sie zueinander stehen, ist ein zentraler Punkt in meiner künstlerischen Arbeit. Dabei interessiert es mich, welchen Standpunkt wir einnehmen, um Natur zu begegnen und wie wir uns ihr gegenüber positionieren. In meiner Recherchearbeit suche ich nach Sprachen und Bildern. Ich eigne mir Bruchstücke und Verbindungsglieder an, durch deren Verknüpfungen ich neue Möglichkeiten und Wege erarbeite über politische Themen zu denken und zu sprechen. Meine Annäherung geschieht mittels medialen Installationen, Video, Zeichnung, Text und performativen Eingriffen.

Meine Arbeit für die Ausstellung Lockeres Denken ist Teil einer von mir initiierten Arbeitsreihe mit dem Titel Surrounding the Point. Mit Surrounding the Point möchte ich ein fortlaufendes Format gestalten, das meinen Interessen und den Resultaten meiner Recherchen einen Raum bietet. In assoziativen Verknüpfungen und gedanklichen Kreisbewegungen nähere ich mich der Thematik, dem Punkt an. Meine Verkettungen resultieren in jeweils verschiedenen Arbeiten, die Medien variieren. Die Recherche wird zur eigentlichen Arbeit. Die Suche ist nicht abgeschlossen, sondern setzt sich fort und führt in die Nächste über.

Von der Artischocke zu den Tiefen des Mittelmeeres heisst die dritte Arbeit innerhalb von Surrounding the Point. Ausgangspunkt der Arbeit war die Frage danach, wie ich über politische Themen sprechen und sie aufgreifen kann. Dabei hat mich das Mittelmeer als Ort interessiert, der von Bildern paradiesischer Feriendestinationen geprägt und gleichzeitig Schauplatz einer prekären Flüchtlingssituation ist. Ein Stück Natur, in dem Welten aufeinander prallen.

Ein zentraler Begriff in meiner Arbeit ist Dekonstruktion. Auch die Artischocke, als ein Stück Natur und mit Ursprung im Mittelmeerraum beinhaltet grossen Genuss und Dekonstruktion in einem.

 

In meiner Recherche über das Mittelmeer habe ich über eine Zeit vor 6 Millionen Jahren gelesen, in der das Mittelmeer zu drei viertel ausgetrocknet war. Grund dafür war die Verschiebung zweier Erdplatten, worauf sich die Strasse von Gibraltar schloss und kein Wasser mehr vom Atlantischen Ozean ins Mittelmeerbecken fliessen konnte. Die sogenannte Messinische Salinitätskrise trifft auf eine aktuelle Flüchtlingskrise. Das flüchtige und fiktive Potenzial einer Möglichkeit.
Artischocken, Plattentektonik, das Mittelmeer in Form von Videoaufnahmen, die an Ferienaufnahmen erinnern und ein von mir verändertes Spanisches Volkslied über die ertrunkenen Flüchtlinge im Mittelmeer verbinde ich durch Dekonstruktion miteinander.

Die Pools direkt am Meer, die eine privilegierte Sichtweise auf das Mittelmeer versprechen und zwischen einem Hier und Dort unterscheiden, getrennt durch ein biologisches Becken voll Salzwasser dazwischen. Eine politische Thematik, eine biologische und geologische Gegebenheit zerlege ich in deren verschiedene Schichten, um einen Anknüpfungspunkt zu finden – alles im Gefäss des Mittelmeeres. Dabei geht es mir nicht darum Antworten zu geben, sondern durch die Untersuchungen Fragen zu stellen und einen neuen Blick auf eine Thematik zu werfen, die so flachgewalzt auf unseren Bildschirmen erscheint.

Vera Bruggmann
vera.bruggi@gmx.ch

 

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