Institut Kunst / Bachelor
Marisa Meier
Kollabor
Auf Streifzügen durch die Stadt finde ich meine Inspirationen. Unterwegs, im Alltag begegnen mir urbane Rhythmen, die ich verinnerliche und als architektonische und infrastrukturelle Verläufe in meinen Formenfundus, in meine «Strukturenbibliothek» aufnehme. Abstrahiert finden diese Rhythmen Eingang in meine künstlerische Arbeit.
Meine Arbeit beschreibt eine Auseinandersetzung mit dem Stadtraum als Lebensraum, dem urbanen Leben geprägt durch Architektur, Industrielandschaften und Baustellen als deren Begleiterscheinung. Baustellen zeigen einen Prozess auf, verkörpern eine Dynamik, eine Bewegung zwischen Chaos und Struktur und verbildlichen dadurch einen Kontrast. Mich inspirieren die klaren, reduzierten Strukturen von Zweckarchitekturen und temporären Konstruktionen, wie beispielsweise Gerüste. Mich fasziniert die ebenso Eleganz der schwungvollen Kurven von Autobahnen und Brücken als auch die Zeichnungen von Strassenmarkierungen, welche den städtischen Bewegungsfluss bündeln und choreographieren.
Mein Medium ist die Malerei
Mein Interesse gilt der Verschränkung zweier konträrer Rhythmen und besteht darin, Fusionen zwischen Gegenpolen zu schaffen. Ich suche immer den Kontrast. Mein künstlerisches Ziel ist es, eine gestische Linienführung mit dem geometrischen, architektonischen Rhythmus zu kontrastieren, die Statik durch die Bewegungsebene zu erweitern und mit ihr zu verschmelzen: Das gestische Element trifft – in Form schwungvoller Bewegungslinien mittels einer Spraydose oder in Form einer statischeren Linienführung mittels eines Pinsels – auf den geometrischen Rhythmus. Ich verstehe das gestische Element als Notation meiner Bewegung, als Aufzeichnung meiner Bewegungsabfolgen, als kalligraphische Choreographie. Zwei wichtige Faktoren sind Raumillusion und Multiperspektive. Durch keilartige Formen wird eine Tiefe generiert und Räumlichkeit angedeutet. Die Raumstruktur erinnert an zelluläre Formen oder kristalline Zellen.
Die Farbe
Die Farbigkeit ist reduziert auf eine minimale Farbpalette. Meist sind es zwei sich kontrastierende, industriell genormte Farben. Die Farbwahl beruht auf persönlichen Assoziationen. Farben haben, wie Musik oder Geräusche eine Schwingung, einen Rhythmus. Ich verwende Farben, die mich beruhigen, die mich motivieren und meine Konzentration fördern.
Die gezeigten Werke messen alle ca. 220 x 150 cm im Hochformat. Das Format steht im Verhältnis zu meinem Körper, ist adaptiert auf meine eigene Reichweite. Die Breite des Trägers macht zwei Drittel der Höhe aus. Als Träger dient eine rohe, ungrundierte Leinwand, ungespannt mit ausgefransten Rändern. So ist das Bild unbegrenzt und frei und dehnt sich weiter in den Raum aus.
Evolution und Entwicklung als Arbeitsmethode
Meine Arbeit durchläuft verschiedene Phasen: Zuerst reagiert der geometrische Rhythmus auf eine spontan erfolgte, gestische Zeichnung. Weiter wirke ich gestisch in die zuvor aufgebaute Architektur, in die von mir geschaffenen Räume ein. Und schlussendlich finde ich eine Möglichkeit wie beide Aspekte aufeinander reagieren können.
Ich arbeite in Serien, mit einer Methode der «Evolution», ein Bild führt mich dabei zum nächsten. Das zusammenhängende, geometrische Netz aus Linien löst sich immer mehr vom Bildrand her in einzelne Zellen auf, welche durch die organische Linie in Verbindung bleiben. Die Nummerierung meiner Bilder ist wichtig, sie werden chronologisch katalogisiert und so in der Zeit verortet. Meine Arbeitsweise schliesst Planung und Zufall ein, sie beschreibt eine Gratwanderung zwischen Präzision und Spontaneität, zwischen Kontrolle und Intuition, zwischen konstruierter und freier Zeichnung.